Schmerz ist ein häufiges Phänomen, das die Lebensqualität der Patient:innen im Alltag erheblich beeinträchtigt und zu einem dauerhaften Leiden werden kann. Im Rahmen von Prävention und Gesundheitsförderung kann die Rolle einer/eines Community Nurse mit Ausbildung als Pain Nurse (PN) mit ihrem/seinem Einsatz zur Linderung bzw. Verhinderung der Schmerzausprägung beitragen.
von Katharina Schnabl (1, 2, 3) und Ivana Budka (1, 4)
(1) Gesellschaft für Schmerzmanagement der Gesundheits- und Krankenpflege (GeSGuK), Wels
(2) ARGE Pflege.Challenge Waldviertel, Neupölla
(3) Seniorenzentrum St. Martin, Zwettl
(4) Klinik Hietzing, Wien
Prävention
Prävention heißt Vermeidung von Gesundheitsrisiken im Sinne der Pathogenese. Es benötigt dafür eine Stärkung der Gesundheitsressourcen im Sinne der Salutogenese. Das Wort „Prävention“ bedeutet im ursprünglichen Sinn „zuvorkommen“. Im Zusammenhang mit Gesundheit meint es daher „einer Erkrankung zuvorkommen“. Prävention bezieht sich auf Maßnahmen, die darauf abzielen, das Auftreten von Krankheiten und Verletzungen zu verhindern oder zu verzögern. Gesundheitsförderung und Prävention sind also grundlegende Strategien zur Verbesserung und Erhaltung der Gesundheit sowie die Reduktion bzw. Vermeidung von Risikofaktoren [1].
Pain Nurse
Pain Nurses sind auf Schmerzmanagement spezialisiert und zählen zu den Clinical-Nurse-Spezialist:innen (CNS). Ihr Einsatzbereich ist das direkte Patient:innenmanagement. Durch den Erwerb eines vertieften Wissens sind Pain Nurses häufig in der Beratung sowohl für Betroffene als auch deren Angehörige, aber auch für Mitarbeiter:innen tätig. Pain Nurses sind in Österreich derzeit nicht als eigenständiges Berufsbild verankert. Eine zusätzliche Weiterbildung im Bereich Schmerzmanagement nach § 64 GuKG ist empfehlenswert. Ausschließlich diplomierte Gesundheits- und Krankenpfleger:innen sollten die Zusatzbezeichnung „Pain Nurse“ tragen. Denn nur sie sind berechtigt, im Rahmen des Pflegeprozesses Pflegediagnosen zu erstellen und entsprechende pflegetherapeutische Maßnahmen einzuleiten. Pain Nurses arbeiten eng mit den Patient:innen und deren Familien zusammen, um Schmerzen zu lindern und eine höhere Lebensqualität zu erreichen. Pain Nurses sind oft die ersten Ansprechpartner:innen für Patient:innen mit Schmerzen und arbeitet daran mit, die Ursachen von Schmerzen zu identifizieren und Maßnahmen zur Schmerzlinderung zu ergreifen [2]. Gemeinsam mit dem Team identifizieren Pain Nurses Möglichkeiten zur Stärkung der Selbstmanagementkompetenzen. Dabei wird das biopsychosoziale Modell berücksichtigt und sichergestellt, dass alle Pflegekräfte es anwenden können, auch ohne spezielle Pain-Nurse-Weiterbildung [2]. Die Rolle der Pain Nurses als Teil des multidisziplinären Schmerzteams ist in Österreich noch nicht klar definiert. Eine der größten Herausforderungen für Pain Nurses im österreichischen Gesundheitssystem ist die begrenzte Verfügbarkeit von Ressourcen und die eingeschränkte Wahrnehmung der Bedeutung von Schmerzmanagement.
Kurze Erläuterung und Auszug aus dem Gesundheits- und Krankenpflegegesetz: Im Gesundheits- und Krankenpflegegesetz, das 1997 verabschiedet wurde, hat der Begriff Gesundheit erstmals ausdrücklich seinen Stellenwert bekommen (vgl. Weiß-Faßbinder/Lust, 2000, S. 3). Seit der Gesetzesänderung 2016 lautet die Berufsbezeichnung „diplomierte/r Gesundheits- und Krankenpflegerin und -pfleger“ (vgl. GuK-Novelle 2016, BGBI. 1 Nr. 75/2016 § II). Sie/er ist damit auch angehalten, nicht nur die Krankheit, sondern ebenso die Gesundheit einer:s Patient:in im Auge zu behalten und als wesentlichen Teil ihrer/seiner beruflichen Aufgaben zu erkennen [1].
Gesundheitspflege ist ein junges, spannendes Aktionsfeld der Pflege geworden. Die Förderung bzw. Pflege der Gesundheit und Krankenpflege (die bisher einzige anerkannte pflegerische Tätigkeit) müssen als gleichwertig angesehen werden. Auf jeden Fall ist die Gesundheitsförderung verbunden mit einem hohen Ansatz, der nicht mehr die Krankheit, sondern die Gesundheit ins Zentrum der Bemühungen rückt [1].
Community (Health) Nursing
Momentan wird ein neues Berufsbild in Österreich etabliert, die Community Nurse. Das Projekt bezeichnet sich als Community Nursing. Es ist ein EU-gefördertes Pilotprojekt und endet 2024.
Auf Basis des Regierungsprogramms wurde 2022 mit Finanzmitteln der Europäischen Union das dreijährige Pilotprojekt Community Nursing gestartet. Aktuell arbeiten österreichweit 250 DGKP als Community Nurses in 111 Projekten. Deren Leistungen sind für die Pilotgemeinden und deren Bewohner:innen kostenlos. Internationalen Beispielen folgend, arbeiten Community Nurses niederschwellig, bedarfsorientiert und auf Gemeindeebene, also nahe bei den Menschen [3].
International ist Community Nursing ein Spezialbereich der Gesundheits- und Krankenpflege, vergleichbar mit Public Health, wo Prävention und Gesundheitsförderung fokussiert sind. Community Nursing ist die Praxis zur Förderung und zum Schutz der Gesundheit von Individuen und Familien sowie Gruppen und Gemeinschaften durch Anwendung von Wissen aus den Bereichen Pflegewissenschaft, Sozialwissenschaft und Public Health [4].
Diese Fachkräfte arbeiten in der Regel in der Primärversorgung und unterstützen Menschen bei der Bewältigung von Gesundheitsproblemen. Gerade in Zeiten einer sich ändernden Demografie mit mehr älteren und alten Personen mit chronischen Erkrankungen, welche trotzdem möglichst gesund und selbstbestimmt leben möchten, in Zeiten neuer Umwelt- und Verhaltensrisiken sowie der gleichzeitigen Herausforderung von neu auftretenden oder wiederkehrenden Infektionserkrankungen kann diese Profession die Resilienz und Gesundheit einer Community (Gemeinde, Gruppe, Gemeinschaft) direkt in deren Lebensumgebung positiv beeinflussen [1].
Die Rehabilitation von Krankheiten und Behinderungen wird von der World Health Organisation (WHO) als Aufgabe von Community Health Nursing bezeichnet (WHO, 2017). Es ist wichtig anzumerken, dass international die Begriffe Community Health Nursing und Public Health Nursing oft synonym verwendet werden und die Definition des Public Health Nursing der American Public Health Association, Public Health Nursing Section, große Ähnlichkeit mit der Definition der WHO (2017) aufweist. Allerdings repräsentiert das Public Health Nursing ein umfassenderes Konzept, das sich auf die Gesamtbevölkerung bezieht (APHA; American Public Health Association, 2013), während die WHO (2017) das Community Health Nursing als Teilgebiet der Gesundheits- und Krankenpflege betrachtet. Beide Begriffe spiegeln die aktuellen Aktivitäten von Public Health Nurses bzw. Community Health Nurses in verschiedenen Primärversorgungsstrukturen wider. Es existiert bisher keine deutschsprachige Übersetzung, die diesem speziellen Bereich der Gesundheits- und Krankenpflege gerecht wird [4, 5].
Für Community (Health) Nurses spielt Salutogenese eine wichtige Rolle, da sie in ihrer Arbeit nicht nur auf die Behandlung von Krankheiten ausgerichtet sind, sondern auch die Gesundheit der Menschen fördern und erhalten sollen. Durch die Anwendung salutogenetischer Ansätze können Community (Health) Nurses dazu beitragen, dass Menschen ihre Ressourcen zur Erhaltung ihrer Gesundheit stärker wahrnehmen und nutzen. Damit kann das individuelle Wohlbefinden und die Gesundheit der Gemeinschaft insgesamt gestärkt werden [1].
Entsprechend dem Public Health Intervention Wheel (Abb. 1) können Community Nurses auch in der Schmerzprävention bzw. im Schmerzmanagement tätig werden. Angelehnt an das Public Health Intervention Wheel werden bevölkerungsbezogene Interventionen in nachfolgende Ebenen (siehe Kreis) unterteilt [4]:
1.1 Monitoring und Erhebung: Erhebung von Schmerzpatient:innen und ihrer individuellen Schmerzsituation
1.2 Information, Edukation und Beratung: schafft Orientierung, initiiert Schulungen, hilft durch gezielte Gesprächsführung Behandlungsentscheidung zu verstehen, zu überdenken, zu erörtern und vorauszuplanen
1.3 Pflegeintervention, Koordination und Vernetzung: vernetzt sich mit lokalen und regionalen Akteur:innen, Therapeut:innen, Mediziner:innen
1.4 Fürsprache und Interessenvertretung: fördert die soziale Teilhabe und den sozialen Zusammenhalt, plant Informationsbedarf (schafft ein Bewusstsein für das Thema Schmerz in der Gemeinde und löst Stigmen)
Schlussfolgerung
Pain Nurses/Community Nurses sollen eine entscheidende Rolle bei der Prävention und Behandlung von Schmerzen in Österreich spielen. Ihr Engagement trägt maßgeblich zur Steigerung der Lebensqualität von Patient:innen bei. Zudem tragen sie durch ihre Beratungs-, Schulungs- und Informationsarbeit dazu bei, einer Chronifizierung vorzubeugen. Allerdings bestehen weiterhin Herausforderungen in Bezug auf Ressourcenverfügbarkeit und Wahrnehmung des Schmerzmanagements im Gesundheitssystem. Eine kontinuierliche Verbesserung dieser Aspekte ist von großer Bedeutung, um eine optimale Versorgung von Patient:innen mit Schmerzen zu gewährleisten.
Literatur
- Steinbach H. Gesundheitsförderung und Prävention: für Pflege und anderen Gesundheitsberufen. 5. Aufl. Elsevier; 2021.
- Gesellschaft für Schmerzmanagement der Gesundheits- und Krankenpflege. Pain Nurse Positionspapier. GeSGuK. 2022.
- Bundesministerium Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz. Community Nursing, Nah für dich. Da für dich, Das Projekt. 2021. https://cn-oesterreich.at/das_Projekt. Zugegriffen: 18. Mai 2023.
- Gesundheit Österreich Gmb H. Aufgaben und Rollenprofil – Community Nurse. Im Auftrag des Bundesministeriums für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz. 2021. https://goeg.at/sites/goeg.at/files/inline-files/Aufgabenprofil_CN.pdf. Zugegriffen: 18. Mai 2023.
- WHO. Enhancing the role of community health nursing for universal health coverage. Human Resources for Health Observer Series 18. 2017. https://apps.who.int/iris/handle/10665/255047.
erscheint in den Schmerz Nachrichten 2/2023