Interdisziplinäres Inhouse-Simulationstraining für geburtshilfliche Notfälle

von Helmut Trimmel (1, 2), Albert Knauder (1, 3), Martina Seedoch (1, 2) und Daniel Csomor (1, 2)

(1) Niederösterreichisches Zentrum für medizinische Simulation und Patientensicherheit, Hochegg
(2) Abteilung für Anästhesie, Notfall- und Allgemeine Intensivmedizin, Landesklinikum Wiener Neustadt
(3) Abteilung für Gynäkologie und Geburtshilfe, Landesklinikum Neunkirchen

Einleitung

Die sichere Versorgung Gebärender im Kreißsaal stellt aufgrund der Notwendigkeit einer engen interdisziplinären Zusammenarbeit eine besondere Herausforderung dar. Notfälle treten hier besonders unvermittelt auf, müssen rasch erkannt und strukturiert behandelt werden. Zu den Ursachen für (oft vermeidbare) Behandlungsfehler vor, während und nach der Geburt zählen mangelnde Erfahrung oder Defizite im interprofessionellen Teamwork. Rezente Daten aus den USA zeigen, dass vier von fünf mütterlichen Todesfällen im Rahmen des Geburtsverlaufs vermeidbar wären [1]. 70 % aller Fehler im medizinischen Setting sind nach Angabe der Joint Commission on Accreditation of Healthcare Organizations auf Faktoren, die unter Stress die menschliche Leistungsfähigkeit beeinflussen, zurückzuführen [2]. Fatale Verläufe stellen gerade in diesem Umfeld eine besondere Tragödie dar und sind nicht nur für die Patientinnen, sondern auch für die betroffenen Mitarbeiter:innen und Institutionen eine Katastrophe [3, 4].

Die Bewältigung einer solchen Herausforderung erfordert eine starke Teamführung, eine Kultur der offenen Kommunikation und des gegenseitigen Respekts. Hauptprobleme in diesem Kontext betreffen also oft sogenannte nichttechnische (eig. nichtmedizinische) Fertigkeiten wie Kommunikation, Teamkoordination und Entscheidungsfindung. Dies stellt häufig auch deshalb eine besondere Herausforderung dar, da interprofessionelles und interdisziplinäres Zusammenwirken erforderlich ist – und die Erfordernisse und Handlungsprinzipien der anderen Fachrichtungen meist wenig bekannt sind. Stetes Engagement für kontinuierliche Verbesserung und interdisziplinäre Zusammenarbeit ist der Schlüssel zum Erfolg: Es gilt also, Geburtshilfe, Anästhesiologie, Neonatologie und Pflegepersonal bereits im Vorfeld optimal zu koordinieren, um eine bestmögliche Versorgung von (werdender) Mutter und Kind in kritischen Phasen zu gewährleisten. Hier bietet sich das Konzept des aus der Luftfahrt in die Medizin übernommenen Crew- oder Crisis-Resource-Management-Trainings (CRM) an [5, 6].

CRM-basiertes Simulationstraining

Mittlerweile gibt es Evidenz, die die Bedeutung von Kommunikationstraining [7] sowie interdisziplinären, simulationsbasierten Trainingsprogrammen belegt [8, 9]. Diese verbessern nicht nur die klinisch-fachliche Kompetenz der beteiligten Mitarbeiter:innen, sondern fördern auch Kommunikation und Teamarbeit, was zu einer verbesserten Patientenversorgung und -sicherheit führt. Die regelmäßige Durchführung von Simulationstrainings für Notfallsituationen scheint daher ein wichtiger Bestandteil der Qualitätssicherung, auch in der geburtshilflichen Versorgung, zu sein.

Ein CRM-basiertes Simulationstraining kann auch wichtige Aspekte eines internen Audits abdecken. Als quasi „internes Audit“ zielt es darauf ab, die Effektivität eigener Prozessabläufe zu überprüfen, Risiken zu identifizieren und Verbesserungsmöglichkeiten zu erkennen. Zwar liegt der primäre Fokus des Teamtrainings auf der Verbesserung von Teamarbeit, Kommunikation, Situationsbewusstsein und Entscheidungsfindung in kritischen Situationen, adressiert aber immer auch das Management von Ressourcen. Dieser Aspekt ist zentral für die Qualitätssicherung und das Risikomanagement in klinischen Einrichtungen. Durch die Simulation von Notfallsituationen in der realen Arbeitsumgebung bietet sich somit die einzigartige Möglichkeit, Reaktionen und Prozesse des Teams in sicherer Umgebung zu bewerten: CRM-basierte Simulationstrainings können in diesem Kontext als praktische Überprüfung dienen, indem sie aufzeigen, welche Prozesse unter Druck möglicherweise nicht wie vorgesehen ablaufen. Dadurch werden institutionelle Protokolle und die Teamdynamik in Notfallsituationen in ihrer praktischen Anwendung evaluiert. Diese Möglichkeit besteht außerhalb eines Simulationstrainings so gut wie nicht.

Methodik

Vor diesem Hintergrund bietet das Team des Niederösterreichischen Zentrums für Medizinische Simulation und Patientensicherheit (SiZ NOe), das seit 2008 CRM-basiertes Teamtraining durchführt, geburtshilfliches Simulationstraining sowohl am Simulationszentrum in Hochegg, NÖ, als auch in Form von Inhouse-Trainings an den jeweiligen Kliniken an. Das Konzept von SiZ NOe zielt darauf ab, im Rahmen eines Trainings möglichst viele der in die Versorgung involvierten Mitarbeiter:innen zu erreichen, um eine hohe Durchdringung der vermittelten Inhalte an der jeweiligen Abteilung zu erreichen. Üblicherweise wird ein Training für einen Zeitraum von 2,5 Tagen angesetzt, wobei sich dieses aus einem Halbtag Theorie und vier Halbtagen praktischem Szenarientraining zusammensetzt. Damit können im Regelfall zwischen 40 und 60 Mitarbeiter:innen aus Geburtshilfe, Anästhesie und Pädiatrie erreicht werden.

Theorie.

Dem praktischen Teamtraining wird ein Theorieblock, der von allen Teilnehmer:innen gemeinsam absolviert wird, vorangestellt. Dieser beinhaltet eine Einführung in die Prinzipien des CRM, bei der Grundlagen zu den Human Factors, also der typischen Handlungsprinzipien von Menschen in kritischen (Behandlungs‑)Phasen erläutert werden. Dabei werden Strategien zum Thema sichere Kommunikation, teamorientiertes Handeln als Teamleader bzw. -member erarbeitet und konkrete Empfehlungen in Form der 15 CRM-Prinzipien nach Gaba und Rall [10, 11] gegeben (Tab. 1). In einem weiteren Teil werden mit den Teilnehmer:innen fachspezifische und interdisziplinäre Handlungsempfehlungen für typische geburtshilfliche Notfälle (Tab. 2) anhand aktueller Leitlinien diskutiert bzw. vermittelt [12, 13].

Tab. 1: Prinzipien des „Crisis Resource Management“ (CRM) nach Rall und Gaba [10]

1.Kenne Deine Arbeitsumgebung
2.Antizipiere und plane voraus
3.Fordere Hilfe an, lieber früh als spät
4.Übernimm die Führungsrolle oder sei ein gutes Teammitglied mit Beharrlichkeit
5.Verteile die Arbeitsbelastung (10 s für 10 min Prinzip)
6.Mobilisiere alle verfügbaren Ressourcen (Personen und Technik)
7.Kommuniziere sicher und effektiv – sag, was Dich bewegt
8.Beachte und verwende alle vorhandenen Informationen
9.Verhindere und erkenne Fixierungsfehler
10.Habe Zweifel und überprüfe genau („double check“, nie etwas annehmen)
11.Verwende Merkhilfen und schlage nach
12.Reevaluiere die Situation immer wieder (10 s für 10 min Prinzip)
13.Achte auf gute Teamarbeit – unterstütze andere und koordiniere
14.Lenke Deine Aufmerksamkeit bewusst
15.Setze Prioritäten dynamisch

Tab. 2: Typische Notfallsituationen für ein geburtshilfliches Szenarientraining

Schulterdystokie
Peripartale Hämorrhagie (PPH)
(Prä‑)Eklampsie
Fruchtwasserembolie
Pulmonalembolie
Geburt bei Beckenendlage
Uterusruptur
Nabelschnurvorfall
Anaphylaxie
Reanimation des Neugeborenen
Reanimation der Schwangeren
Peri-Arrest-Sectio
Anästhesie-assoziierte Komplikationen

Praxis. Das Szenarientraining selbst umfasst dann an jedem der vier Halbtage drei bis vier typische geburtshilfliche Notfallsituationen, wobei grundsätzlich sowohl mit als auch ohne Anästhesiebeteiligung gearbeitet werden kann. Nach erfolgter Einweisung in die Simulationsumgebung und die verwendeten Simulatoren (Abb. 1) gestaltet sich der Ablauf der einzelnen Szenarien möglichst nah an der Realität: So wird zunächst üblicherweise eine Hebamme im Rahmen des Briefings mit der Situation konfrontiert. In weiterer Folge kann diese dann weitere Unterstützung anfordern. Dabei wird darauf geachtet, dass stationsinterne Abläufe möglichst realitätsnah vollzogen werden – bis hin zum Auslösen des Sectio- oder Notfallalarms.

Abb. 1: Einweisung in die Simulationsumgebung und die verwendeten Simulatoren © Autor:innen

In den interprofessionellen Teams können pro Halbtag 12–15 Personen, Geburtshelfer:innen, Hebammen, Anästhesist:innen, Pädiater:innen und Pflegepersonal gemeinsam die Bewältigung typischer Notfallsituationen üben (Abb. 2). Auch die Einbindung anderer Fächer (Chirurgie, Labor) macht in manchen Fällen durchaus Sinn. Das Training wird – nach vorheriger Absprache mit den Abteilungsverantwortlichen – inhaltlich so weit als möglich an die normalen Versorgungsabläufe angepasst, um den oben erwähnten Charakter eines internen Audits möglichst zu erhalten.

Abb. 2: Interdisziplinäre Teams trainieren die Bewältigung typischer Notfallsituationen © Autor:innen

Neben dem Üben der jeweiligen Notfallsituation liegt ein besonderer Mehrwert für die Teilnehmer:innen darin, dass jedes Szenario per audiovisueller Übertragung live in den als Debriefingraum genutzten Bereich übertragen wird (Abb. 3). Somit können auch Teilnehmer:innen, die gerade nicht in das aktuelle Szenario eingebunden sind, das Geschehen mitverfolgen. In der jedem Szenario folgenden Nachbesprechung, dem sog. Debriefing, kann dann ebenfalls punktgenau auf Aufzeichnungen zugegriffen und damit ggf. bestimmte Schlüsselelemente nochmals in Bild und Ton gemeinsam reflektiert werden. Dies betrifft insbesondere Situationen der Informationsübermittlung (z. B. Eintreffen des:der Geburtshelfer:in, der Anästhesie) oder der Entscheidungsfindung (z. B. Indikationsstellung zur operativen Geburtsbeendigung).

Abb. 3: Die geübten Szenarien werden in den Debriefingraum übertragen, aufgezeichnet und anschließend im Team nachbesprochen © Autor:innen

Insgesamt wird damit jeder/jedem Teilnehmer:in ein eintägiges Fortbildungsangebot mit aktuellen, evidenzbasierten Lehrinhalten und CRM-Kompetenzen sowie der Möglichkeit geboten, diese in den praktischen Übungen umzusetzen. Dies entspricht in idealer Weise dem Lernmodell der Erwachsenenbildung [14] und ist selbstverständlich auch als Fortbildung für alle Berufsgruppen anerkannt (z. B. 8 DFP-Punkte, 28 Punkte ÖHG, 24 Pte. lt. FBP lt. § 37 HebG., 8 h für Pflegfepersonal gem. GuKG).

Ergänzend sei erwähnt, dass das Team von SiZ NOe von technischer Seite seit vielen Jahren sog. High-Fidelity-Simulatoren der Fa. Laerdal Medical®, Stavanger, Norwegen 4007 (SimMom, SimNewB) einsetzt. Hier war bereits zu Beginn eine breite Palette an Simulatoren mit einheitlicher Steuerungssoftware verfügbar. Die AV-Technik des Zentrums (stationär wie mobil) stammt vom österreichischen Hersteller SIMStation®, 1030 Wien (SIMStation Pro™ bzw. Essential™).

Ergebnisse

Seit 2015 wurden durch das Team von SiZ Noe 536 Teilnehmer:innen im Rahmen geburtshilflicher Trainings im Simulationszentrum, vor allem aber an verschiedenen Kliniken der NÖ Landesgesundheitsagentur (LGA) trainiert. Die nach jedem Training durchgeführte schriftliche Evaluierung ergab ausgesprochen hohe Zufriedenheitswerte (MW 1,12 auf einer den Schulnoten entsprechenden 5‑teiligen Likert-Skala). Besonders hervorgehoben wurde dabei die Möglichkeit, selten vorkommende Notfälle in Theorie und Praxis durchzugehen bzw. zu üben. Insbesondere die kollegiale und fachlich hochstehende Atmosphäre in den Debriefings wurde betont. Neben Verbesserungen in der interprofessionellen Zusammenarbeit im Alltag, die nach dem Training in den Kliniken wahrgenommen wurde (sog. Team-Building-Effekt), wurden regelhaft auch Verbesserungen in den organisatorischen Abläufen umgesetzt. Dies betraf vor allem

  • Alarmierungsstrukturen (Einführung eines strukturierten Sectio-Rundrufs)
  • Erarbeitung schriftlicher Standards für die interdisziplinäre Kooperation mit dezidierter Aufgabenzuteilung an einzelne Teammitglieder
  • Verbesserung der technischen Ausstattung (z. B. Erweiterung der Parameter des Blutgasanalyse-Geräts im Kreissaal), Beschaffung eines Hämoglobinometers
  • Erarbeitung von Checklisten und Merkhilfen
  • Aushang des DACH-Schemas für die Behandlung der peripartalen Hämorrhagie (PPH)
  • Initiierung der Gerinnungsdiagnostik mittels Thrombelastographie
  • Vorhaltung von standardisierten Notfallsets für PPH durch die Geburtshelfer
  • Einheitliche Ausstattung der Kreißsäle
  • Beschriftung von Laden und Kästen
  • Vorhaltung von standardisierten Notfallsets für die Narkoseeinleitung im Kreißsaal
  • Einsatz von Notfallrespiratoren an Stelle eines Narkosegeräts für Notfallnarkosen im Kreißsaal

In nahezu jedem Evaluierungsbogen fand sich zudem der Wunsch, derartige Trainingsmöglichkeiten regelmäßig in Anspruch nehmen zu können, ja sogar die Forderung nach verpflichtender Umsetzung. An dieser Stelle sei erwähnt, dass die seitens der NÖ LGA als Rechtsträger für Mitarbeiter:innen aller Berufsgruppen gebotene Möglichkeit, ein derartiges Training in der Arbeitszeit (bzw. durch Gewährung von Sonderurlaub) und unter Ersatz der Kosten in Anspruch nehmen zu können, von den Mitarbeiter:innen ausgesprochen positiv bewertet wurde. Dieser Umstand stellt übrigens ein Alleinstellungsmerkmal innerhalb der österreichischen Krankenhausträger dar.

Diskussion

Regelmäßige Teilnahme an CRM-basiertem Simulationstraining für alle in der Geburtshilfe tätigen Fachkräfte, zumindest einmal pro Jahr, wird in der Literatur als Methode zur Outcome-Verbesserung angesehen [15]. Harte Daten in Hinblick auf Reduktion der mütterlichen oder neonatalen Mortalität – zumindest für sog. „high-income countries“ – fehlen allerdings, wie ein Ende 2023 durchgeführter sog. „Rapid Review“ zur Wirksamkeit von multiprofessionellen Simulationstrainings in geburtshilflichen Notfällen des Departments für Evidenzbasierte Medizin und Evaluation der Universität für Weiterbildung Krems ergab [16]. Dies liegt zum einen an der – im Vergleich zur zivilen Luftfahrt – wohl eher als uneinheitlich und lückenhaft zu bezeichnenden Erfassung von (insbesondere Beinahe‑)Zwischenfällen (sog. „near-misses“), zum anderen aber auch an einer fehlenden Standardisierung der Begriffe und Definitionen für CRM im Gesundheitswesen und der Berichterstattung über CRM-Interventionen [17].

Im oben erwähnten Review wurde rezent nach Ergebnissen für neonatale Asphyxie, Schulterdystokie (Verletzungen des Plexus brachialis im Rahmen der Geburt), Inzidenz von Nabelschnurvorfällen (mit Apgar Score < 7 nach 5 min post partum), schwerer postpartaler Blutung (Blutverlust über 1500 ml) und Verzögerungen eines Notkaiserschnitts (Zeit zwischen Entscheidung und Geburt > 30 min [18]) gesucht. Für diese Endpunkte wurden Daten aus randomisierten (RCTs) sowie Kohortenstudien gemeinsam und separat nach Studiendesign herangezogen. Es zeigte sich eine signifikant verringerte Wahrscheinlichkeit für hypoxisch-ischämische Enzephalopathie nach Implementierung von Simulationstrainings (OR: 0,50; 95 % KI: 0,26–0,96) [19]. In sechs Beobachtungsstudien mit insgesamt 116.584 Geburten konnte eine geringere Wahrscheinlichkeit für Plexusverletzungen festgestellt werden, wenn das Personal Simulationstrainings erhalten hatte (OR: 0,47; 95 % KI: 0,33–0,68). Ebenso fand sich nach erfolgtem Training eine geringere Wahrscheinlichkeit für einen Apgar Score < 7 Punkte 5 min p.p. (OR: 0,77; 95 % KI: 0,51–1,19). In zwei Beobachtungsstudien mit 254 Geburten verringerte sich die Wahrscheinlichkeit, dass ein Notkaiserschnitt verzögert durchgeführt wurde, signifikant, wenn das geburtshilfliche Fachpersonal ein Training erhalten hatte (OR: 0,35; 95 % KI: 0,18–0,71). Für das Management des Nabelschnurvorfalls konnte von den Autor:innen der Übersichtsarbeit kein statistisch signifikanter Effekt von Simulationstrainings gefunden werden (OR: 1,31; 95 % KI: 0,11–15,96), ebenso wenig für das Auftreten schwerer peripartaler Blutungen [16].

Wie im Review einschränkend angemerkt wurde, zeichnet sich die Mehrzahl der Arbeiten durch relativ niedrige Fallzahlen aus – was dem seltenen Auftreten derartiger Ereignisse entspricht. Es ist daher nicht überraschend, wenn sich hier nur wenig harte Outcome-Daten finden. Die Majorität aller Mitarbeiter:innen, die mit der Betreuung von Gebärenden befasst sind, wird kritische Ereignisse dieser Art in der Realität ebenfalls höchst selten, vielleicht sogar nie erleben – umso wichtiger erscheint es, diese in geschütztem Rahmen trainieren zu können und dabei besonders auf CRM-Kompetenzen abzustellen. Auch hier darf die Analogie zur Luftfahrt bemüht werden: Je sicherer die technischen Voraussetzungen und Gegebenheiten sind, umso mehr verschiebt sich die Ursache fataler Ereignisse in Richtung menschlicher Fehler – und dies ist in der Medizin bekanntlich nicht anders [2].

Fazit

Die Erfahrungen unseres Zentrums zeigen, dass nahezu jedes Training an geburtshilflichen Abteilungen zum Teil sogar recht umfassende Verbesserungen nach sich zieht – insbesondere, was organisatorische Aspekte und die fachüberschreitende Kommunikation angeht (s. oben). Aus Berichten von Trainingsteilnehmer:innen erfahren wir auch immer wieder, dass die in der Simulation gemachten Erfahrungen zu deutlichen Verbesserungen der internen Abläufe geführt haben. So wurde z. B. aus einem Haus berichtet, dass die nach den Erfahrungen des ersten Simulationstrainings erfolgte Ausstattung des Kreißsaals mit einem hier fix verorteten Notfallinstrumentarium für die Anästhesie die unmittelbar drohende fetale Asphyxie im Rahmen einer Schulterdystokie abwenden konnte. Vor dem Training wäre daraus wohl eine Katastrophe geworden.

Insgesamt lässt sich aus unseren Erfahrungen wie auch aus der aktuellen Literatur der Schluss ziehen, dass die Durchführung von CRM-basiertem Simulationstraining in jenen Bereichen, in denen mit unmittelbar auftretenden, vital kritischen Situationen zu rechnen ist, eine zwingende Notwendigkeit darstellt – und ähnlich wie in der Luftfahrt auch gesetzlich vorgeschrieben werden sollte.

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erschienen in ANÄSTHESIE NACHRICHTEN 2/2024